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Aktuelles aus DRG & ÖRG

Pressegespräch der Österreichische Röntgengesellschaft
Schwerpunkt „Screening-Programme in Österreich"
25. Januar 2012, Wien

Die Stellung der Radiologie in der Tumorfrüherkennung: Bildgebung als essentieller Schritt in individualisierter Diagnostik und Therapie

Die Österreichische Röntgengesellschaft (ÖRG) betonte bei einem Pressegespräch in Wien den Stellenwert moderner Bildgebung als essentiellen Faktor moderner personalisierter Medizin (1). Am Beispiel eines CT-Screenings bei Rauchern wurden die Chancen zur Früherkennung von Lungenkrebs beschrieben. Mit niedrigdosierter CT-Technik können kleine wachsende Veränderungen entdeckt werden. Im Praxisalltag verlängert die CT- und MRT-Deckelung durch die Sozialversicherung jedoch die Wartezeiten für Patienten, was nicht nur volkswirtschaftlichen hohe Kosten durch Arbeitsausfall verursacht, sondern durch verspätete Therapieentscheidungen auch die Qualität der medizinischen Versorgung verschlechtern könnte.

Die Radiologie bietet heute beim Screening von Brustkrebs, Lungenkrebs und bei Kolonkarzinomen vielversprechende Möglichkeiten, Erkrankungen im Frühstadium zu erkennen. Der ÖRG-Präsident Prof. Dimiter Tscholakoff, Krankenanstalt Rudolfstiftung Wien, warnte vor den Gefahren der Kostendeckelung bei Bildgebungsverfahren und betonte: „Ein rascher Zugang ist auch ein klares Qualitätskriterium, damit eine adäquate Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist."

CT-Screening für Bronchialkarzinome bei Rauchern

Die mit Spannung erwarteten Daten einer US-amerikanischen Studie zur Früherkennung von Bronchialkarzinomen bei Rauchern zeigen sehr deutlich die Chancen der Früherkennung. Prim. Univ. Prof. Dr. Gerhard Mostbeck, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Wilhelminenspital und Röntgeninstitut Otto Wagner Spital, erläuterte die Ergebnisse des „National Lung Screening Trial" (NLST): Durch Screening mit Niedrig-Dosis-CT konnte im Vergleich zu herkömmlichem Röntgen die Mortalität um 20,3% gesenkt werden. Lungenkrebs ist in Österreich bei Männern die häufigste, bei Frauen die zweithäufigste Todesursache einer Krebserkrankung. Momentan werden Bronchialkarzinome häufig in fortgeschrittenen Stadien mit schlechter Prognose diagnostiziert. Mit modernen niedrigdosierter CT-Geräte können suspekte Lungenrundherde früher erkannt und volumetrisch beobachtet werden. Internationale Fachgesellschaften in Pneumologie und Radiologie formulieren aktuell neue Leitlinien mit Empfehlungen zum Screening bei Rauchern.

Die vier P der Zukunft: 4-P-Medizin

Univ. Prof. Christian Herold, Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Medizinische Universität Wien, erläuterte, dass die Radiologie in der Frühdiagnostik in den kommenden zehn Jahre ein wichtiges Standbein der 4-P-Medizin sein wird. Die vier P stehen für prädiktiv, präventiv, personalisiert und partizipativ und definieren einen Paradigmenwechsel in der modernen Medizin. Das Ziel prädiktiven Medizin ist, Erkrankungen vorherzusehen und damit die Möglichkeit für Frühinterventionen und Prävention zu schaffen. Heute werden etwa 75% aller Gesundheitskosten zur Betreuung von Patienten mit chronischen Krankheiten verwendet. Mit innovativen Strategien könnten Ressourcen in Richtung einer prädiktiven und präventiven Medizin umgeleitet werden. Ein personalisierter Zugang zur Beurteilung des Erkrankungsrisikos sowie ein maßgeschneiderter Therapieansatz für jedes Individuum könnten Erkrankungen verhindern und/oder kurative Ansätze in behandelbaren Frühstadien ermöglichen.

Wartezeiten vermeiden, volkswirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich denken!

Laut Univ. Dozent Dr. Franz Frühwald aus St. Pölten betrug bis zum Jahr 2009 die durchschnittliche Wartezeit auf CT- oder MRT-Untersuchungen zwischen ein und zwei Wochen – ein wichtiger Faktor für die Qualität der österreichischen Medizin in Diagnostik und Therapie. Aufgrund der Deckelung der Zahl an Untersuchungen durch die Sozialversicherung steigt die Wartezeit seit 2009 jährlich um etwa drei Wochen auf heute bis zu zwölf Wochen an. Wenn nur 5% der Wartenden krank geschrieben sind, verursacht der Arbeitsausfall der Patienten im Krankenstand pro Jahr Kosten von 436 Millionen Euro, die größtenteils von Arbeitgebern getragen werden. Demgegenüber stehen Einsparungen der Sozialversicherung von 11,5 Millionen Euro. Frühwald plädierte daher für eine gesamtgesellschaftlich sinnvolle Lösung: „Über den Fehlzeitenreport kann man quantifizieren, dass hier an einer anderen Stelle erhebliche Nachteile entstehen. Ich glaube, man muss volkswirtschaftlich zu einer Art Gesamtschau kommen. Die generelle Wartezeitenvermehrung ist medizinisch kontraproduktiv und ist in Summe gesehen auch finanziell kontraproduktiv." Auch wenn es hier noch keine Studien gibt, berichtete Univ.Doz. Mostbeck von vermehrten Komplikationen bei Patienten im niedergelassenen Bereich, mit schweren Erkrankungen wie Hirnblutungen oder massiven Lungenentzündungen, die eigentlich früher diagnostiziert werden sollten, und die dann akut in die Spitalsversorgung eingegliedert werden müssen.

Martina Freyer, München (freie Journalistin)
 

>> Zu den Statements der einzelnen Sprecher

>> Zur Homepage der ÖRG

 

(1) Kritisches Pressegespräch der Österreichischen Röntgengesellschaft (ÖRG) am Mittwoch, 25. Januar 2012 im Billrothhaus der Gesellschaft der Ärzte in Wien, Frankgasse 8, 1090 Wien